Entwicklung planen
Der Entwicklung mit der Bildbearbeitung geht die Entwicklung im Kopf voraus. Wenn du keine Idee hast, was aus dem Bild werden soll, wird es dir schwerfallen, beim Entwickeln die richtigen Entscheidungen zu treffen. Mach dir eine Checkliste und stell dir folgende Fragen?
- Soll das Bild ein Teil einer Serie werden und müssen daher Tonwerte oder Ausschnitte aneinander angepasst werden?
- Was ist das Hauptmotiv, die Geschichte? Worum geht es (dir) in diesem Bild?
- Wo ist dieses Thema deutlich zu sehen? Oder was im Bild lenkt davon ab?
- Ist im Bild noch ein weiteres Thema?
- Wird ein Kontext, ein Zusammenhang dargestellt. Woran ist dieser im Bild zu erkennen?
- Welche Stimmung soll das Bild vermitteln? Wie können Farben, Helligkeit oder Dunkelheit zu einer solchen Stimmung beitragen?
- Hast du ein 'Vorbild' im Kopf und wie passt dies zu deinen Themen?
- Ist das Bild gut genug, kann es erfolgreich optimiert werden oder solltest du besser das Foto wiederholen?
Nicht alle Fragen wirst du immer beantworten können. Das macht auch nichts. Ein paar Antworten helfen dir, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Auch beim Editieren ist Fotografieren wie Autofahren: Je öfter du es tust, je mehr Erfahrung du sammelst, je besser du dich und deine Bilder kennenlernst, desto besser wirst du.
Ein Beispiel
Um das Editieren an einem Beispiel zu verdeutlichen, habe ich Kursteilnehmer in einem Grundkurs 'Digitale Dunkelkammer' gebeten, mir eine RAW-Datei eines beliebigen Fotos zur Verfügung zu stellen. Ich wollte es interpretieren und die dazu passende Entwicklung finden.
Das folgende Bild hat freundlicherweise Harald Kannwischer-Range zur Verfügung gestellt. Alle Rechte liegen bei ihm.
Foto: Harald Kannwischer-Range 2012. Alle Rechte beim Fotografen.
Foto: Harald Kannwischer-Range 2012. Alle Rechte beim Fotografen.
Interpretation
Das zentrale Thema habe ich in der Beziehung zwischen dem jungen Mädchen und dem Barkeeper gesehen. Sie scheint etwas zu erzählen. Er hört ihr aufmerksam zu. Dass die Begegnung an einem Tresen stattfindet, das Mädchen in ein sommerlich-festliches Kleid und der Keeper mit einem schwarzen Hemd bekleidet ist, macht die Szene besonders.
Auf der linken Seite wird eine zweite Geschichte erzählt: Ein weiterer Mitarbeiter hantiert. Vor ihm auf dem Tresen stehen zwei Schalen und zwei flache Teller. Vielleicht wäscht er etwas, vielleicht bereitet er Salat oder eine Suppe zu. Diese Geschichte ist mir weniger wichtig.
Planung der Entwicklung
Der Tresen als Ort der Begegnung soll gerade gestellt werden. Über ihn hinweg findet die Begegnung statt.
Die Tasche am unteren Bildrand und die Küchenrolle auf der rechten Bildseite ziehen Aufmerksamkeit und lenken von dem Thema ab. Auch das Schild über dem Kopf des Barkeepers hat keine Funktion. Das Bild wird unten rechts und oben entsprechend beschnitten.
Das Bild hat einen starken Farbstich nach Magenta. Unterschiedliche Lichtquellen sind dafür verantwortlich, dass der automatische Weißabgleich kein gutes Ergebnis bringt. Der Weißabgleich wird manuell durchgeführt.
Damit das Licht aus dem Hauptmotiv wirken kann, soll der untere Teil des Bildes mit einem Verlaufsfilter abgedunkelt werden. Auch die bunten CDs und Bücher auf der linken Seite sollen mit einem Verlaufsfilter zurückgenommen werden.
Eine lokale Korrektur hellt das Gesicht des Barkeepers deutlich auf.
Eine Zweite soll den verbliebenen Rest eines Stehtisches auf der rechten Bildseite deutlich in Helligkeit und Farbsättigung zurücknehmen.
Eine letzte lokale Korrektur soll den Kopf des zweiten Angestellten in Farbsättigung Helligkeit und Schärfe leicht zurücknehmen.
Das Ergebnis nach Durchführung der genannten Entwicklungsschritte. Foto und alle Rechte: Harald Kannwischer-Range 2012.
Das Ergebnis nach Durchführung der genannten Entwicklungsschritte. Foto und alle Rechte: Harald Kannwischer-Range 2012.